Die zwei Leben der Margarete Schilbach

Die Geschichte von Margarete Schilbach (*1881, geb. Stier) erzählt von ihrem Enkel. Aufgenommen im Oktober 2025 in Halle (Saale).

Margarete Schilbach stammte aus bürgerlichen Verhältnissen. Sie heiratete einen der Besitzer der Weberei Schilbach in Greiz. Margarete war belesen, musikalisch gebildet und seit dem Ende des 1. Weltkriegs schon politisch engagiert. Frauenbewegt und außerdem Mutter von fünf Kindern. 1929 veröffentlichte sie das Buch “Stammreihe des Vogtländischen Geschlechts Schilbach”, eine Familiengeschichte der Familie ihres Mannes. Im Vorwort zum Buch schreibt sie:

“Wenn man sich liebevoll in all die Bruchstücke vertieft, vernimmt man zwischen den Zeilen so manches von Freud und Leid, Leben und Lieben vergangener Geschlechter, sieht, wie sie zur Zeit der Reformation, die in Plauen eine der ersten Heimstätten hatte, in Kriegsnot und ähnlichen schweren Zeitläuften, bei Stadtbränden und anderen Heimsuchungen, lebten und sich durchschlugen, und lernt, auch an das eigene kleine Erleben einen anderen Maßstab anlegen. Wir sehen, daß auch wir nur ein Durchgang sind, um als lebendige Gegenwart, wie die Glieder einer Kette, Vergangenes und Zukünftiges miteinander zu verbinden.”

Die Weberei ihres Mannes ging während der Weltwirtschaftskrise kaputt und musste 1930 Konkurs anmelden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse wurden für die Familie von da an schwierig. Im zweiten Weltkrieg starben außerdem mehrere ihrer Kinder und Schwiegerkinder. Margaretes Enkel wuchs mit ihr zusammen in einem Haus am Stadtrand von Greiz auf und erinnert sich an seine Großmutter:

“Also für mich war es bewundernswert, wie jemand, der eben, sagen wir mal, mit zur High-Society so einer Kleinstadt gehörte, dann eben bis fast zum Punkt Null, alles zusammenkratzte, um die Familie eben noch zu erhalten. Und was man immer wieder sagen muss, was eben Frauen in den beiden Kriegen geleistet haben … Das war auch das große Anliegen meiner Großmutter, den Frauen zu helfen. Da konnte sie auch im Alter noch fuchtig werden, auch bei den Enkeln, wenn sich irgendeiner gegen Mädchen oder Frauen ausgesprochen hat!”

Zum Podcast auf Spotify

Margarete Schilbach an ihrem Klavier in Greiz.

Das Hörstück über Margarete Schilbach hat neun Kapitel und eine Gesamtlänge von 51:30 min:

Kapitel 1: Die Handschrift meiner Großmutter [0:00 min]

Kapitel 2: Frauenbewegt [3:20 min]

Kapitel 3: Großmutters bürgerliches Leben [7:02 min]

Kapitel 4: Nachkriegszeit [14:14 min]

Kapitel 5: Wie reden über die Nazizeit? [22:19]

Kapitel 6: Familienrituale [28:41]

Kapitel 7: Musik und Schreiben [34:29 min]

Kapitel 8: Großmutters geflügelte Worte [39:45 min]

Kapitel 9: Großmutters Vermächtnis [48:00 min]

Musik: Der Mond ist aufgegangen und Max Reger: Serenade op. 95. Vielen Dank an Margarete Schilbachs Enkel für die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Geschichte seiner Großmutter auf familieninterview.de.

Weiter
Weiter

Schifferleben: Eine Familiengeschichte auf dem Fluss